radio äthiopien
(die zunge der liebe)

...& der 5te engel erscholl & ich sah einen stern fallen auf die erde; & ihm ward gegeben der schlüssel zur bodenlosen grube

als kind fuhr ich voll ab auf die bibel... ein himmlisches kind... es machte mein herz lauter schlagen... doch ein paar sachen störten mich. das unbarmherzige vorurteil der vorherbestimmten ordnung... mein herz litt mit dem architekten der weinte, als sein turm umgestoßen wurde... ich las wieder & immer wieder diesen abschnitt & fühlte ein makel:

& der herr sprach: siehe es ist einerlei volk & einerlei sprache unter den menschen & dies ist der anfang ihres tuns; nun wird ihnen nichts mehr verwehrt werden können von allem, was sie sich vorgenommen haben zu tun. wohl auf, lasst uns herniederfahren & ihre sprache verwirren, dass keiner des anderen sprache verstehe!

uns der verständigung zu berauben... der allgemeinen sprache, weil wir danach trachteten, jenseits der landschaft etwas zu erschaffen... der künstler in mir hatte schon aufgehorcht... & satan... der erste wahre künstler... der erste wahre nigger... begnadet mit vollkommener schönheit, mit netter stellung in der himmlischen ordnung... doch er sah etwas anderes... er war der erste, der eine vision hatte von einer existenz jenseits dessen, womit ihm imponiert werden sollte

er hatte das gefühl zu schänden... nicht durch sein teuflisch sein, sondern durch sein zur schau stellen der ängstlichen leidenschaftlichen rücksichtslosigkeit des künstlers...

ich wurde christlich erzogen... ich hinterfrage noch immer... ich hinterfrage alles

auf... frag die engel/ wen sie rufen/ geh frag die engel, ob sie rufen nach dir/ geh frag die engel, während sie fallen/ wer diese person womöglich sei

drunten in weinland/ ist ein clubhaus/ fraun in weißn kleid/ jungs schießen weißn stoff/ oh wissen sie denn nicht jeder kann reinkommn/ & sie kommen & sie lallen & sie fallen aufn flur/ merkst du denn nicht, wenn du mich ansiehst/ dass ich bin in unendlichkeit übersteigt übersteigt/ ist das nicht strange?


das ist genau das, was abläuft... ich bin allein. da ist kein sound. autos zischen vorbei an meinem fenster. schall drohnen. ich würd gern aufstehn & l.a. woman auflegen doch ich kanns einfach nicht. erinner mich an die reklamewand. es war eine art schock. eine frau ausgestreckt wie christus an einem telefonmast. eine radio ansage ätzt ins fleisch. es war kurz vor dem erdbeben. kurz bevor das fillmore dicht machte. kurz bevor er starb. kurz vor. allem

war gerade in mexiko. ein taifun brach los & zerstörte mein 4tel. marschierte zur anderen seite der stadt als alles vorüber war. in der ferne ein mit blauen ziegeln gedeckter hügel... ein grabhügel... eine moschee... ein heiligtum mit all den delikaten werten der menschheit... innerhalb der eierschale war eine armseelige prozession, von der all die sinnliche selbstüberschätzung des katholizismus ausgeht... eine taufe... zwei kinder tanzten walzer an lang beschlossener leine... die leute stampften die schmutzige rollbahn entlang... es regnete seit tagen... (3) & 4 nächten... die frauen knieten schluchzend auf dem schlammboden... die hühner pickten am gipsfuß des erlösers... niemals sah ich soviel blut... seine muskeln waren so gestrafft, dass ich nicht unterscheiden konnte, zwischen seinem kommen & gehen... plötzlich war es sehr heiß... frauen wurden ohnmächtig & ihre kinder krochen... ein kleines mädchen mit sehr wässrigen augen starrte mich an... ich war hingerissen vom verräterischen ihrer schönheit... sie war kaum 4 & doch spürte ich ihre bewusstheit... sie war ein huskie mit weißen augen oder die besitzerin der sich schließend hervorquellenden augen christi... ich erstickte... fühlte mich wiederholt durchbohrt von den giftpfeilen der bewunderung

gehst du nicht in den tempel heut nacht/ oh nein, ich glaub nicht, dass/ gehst du nicht in den palast der narren mit mir marie/ oh nein, ich glaub nicht, nein/ zu sehn wie sie darbringen/ buch aus gold/ wüsst doch gern, ist platin nicht am kommen/ & seh ich in das innere deines tempels, siehts doch genauso aus wie das innere irgendeines mannes & als er mir zuwinkt mit seinem finger/ oh/ beweg ich mich in eine andere richtung/ beweg ich mich in eine herz richtung/ beweg ich mich in eine andere richtung/ beweg ich mich in andre di—mensionen

bewegte mich... rannte... hörte nicht auf zu rennen, bis die bilder des rituals in meinem kopf eine weniger geheimniossvolle übersetzung von aufsteigen in mir heraufbeschworen... ich war in l.a. ... das erste was ich sah, war die reklametafel... eine frau war ausgestreckt an einem telefonmast... ein nacktes feld der kommunikation... ein wundervolles biest ging nieder auf die knie im strahlenförmigen staub der karawane... die fracht — das opiat der abwesenheit... die essentiellen öle des roten & wehenden schwachsinns... ein pollen verteidigt die gefährdeten höhen der unschuld... wie rimbaud, der gefallene reiter hoher abessinischer ebenen, sonderte ich aus... opium tee durch ein siphon, bis das blaue quirlen mit dem ausgepumpten qualm einer corvette verschmolz... fährt sehr schnell... der fahrer lacht... sein kopf zurückgeworfen... sein mund verzehrt den regen... ein auto flattert durch die wogenden wolken des blauen rauchs... um des rausches willen spinnt er sich eine klippe vor... & das radio ist an... das radio... stoß mich auf dem radio

auf dem unermesslichen highway eine flotte laster... auf der silbrigen oberfläche ein großer pelikan... ein neuer paradiesvogel verjagt die drachen... ein neuer & mächtiger laster entworfen zum transport der technologie der kunst... sound systeme... leuchten... aussätzige... fender & marschalls... die radiale ausstattung nicht länger von küste zu küste sondern von land zu land... erreichen die stationen... die 14 stationen des verlangen & mordens

stoß mich auf dem radio... ich geh unter... zu viele länder rufen mich an... die überreste der schwarzen corvette sind zum abgreifen runter ins hollywood babylon... eine bibelschule kombiniert mit souvenirstand... auf der bibelschule lernst du überhaupt nichts... die reden bäbi—sprache & babbeln babel in einem drauflos... gott ich fühl mich wie blei... als könnt ich durch die muslim laken sinken den tabriz teppich runter durch einen trichter komprimierter energie... das meer um mich ist das gallertartige in/land... johnny ist das heroin ist die droge an sich wogt in einem kokon in sich verdrehter laken... lass mich so weit gehn wie möglich... doch noch in sichtweite mit der drohenden rückkehr...


die hand gottes/ich fühl den finger/hand gottes/fang an mich zu drehn/& ich wirble/werd nicht schwindlig/fall nicht jetzt/dreh gott/wie ein derwisch/dreh dich um herr/beweg dich/drehn drehn/werd nicht nervös/oh ich beweg mich bloß in eine andre dimension

hab meinen kopf in den dienst der kunst gestellt... kunst ist ein anagram für stunk (art is an anagram for rat)... ein untier... eigenbrödler... geißel der menschheit... der künstler ist ein schandmal für gott... außerhalb aller sackgassen... der wahre nigger — gemacht für die pest

stunk/kunst... ein wort gefunden tief im herzen... der künstler ist ein mutant, mit dem man sich wohl oder übel wieder einmal wird beschäftigen müssen... diesmal im inneren des glitzernden zirkus des rock n roll... rock n roll... die höchste & am meißten allgemeine ausdrucksform seit dem verlusst der gemeinsamen sprache (zeitlich: vorbabylonisch)

sollte ich folgen einer vergangenheit so gewunden/sollte ich kriechen so begabt so geschunden


in der vergangenheit existierte der künstler innerhalb der gesellschaft in 2 verkleidungen... der sklave oder der vertriebene... an der oberfläche erlaubte der künstler es sich verführt zu werden von dem exotischen dogma der kirche... sie übersetzten ihren geist mit hilfe der spektakulären gestalten der bibel... die madonnas der sienesen... die oster fresken giottos... die muskeln moses... all die portraits der stars... heiligen... wunder des vor-rauchigen... der alte fels der zeiten... der verwüstete pieta... ich erinnere mich daran, eine intensive erleichterung verspürt zu haben, als ich die zeitungsspange untersuchte... des wirren mallot... ich fühlte mich verbunden mit diesem rüden missetäter—der neo künstler ist der ultimative kriminelle, der den raum vergewaltigt & entblößt & & neu definiert... der künstler wird nicht länger dienen unter königen & pfaffen... bildhauer verausgabten sich am neuen fels der zeiten... die kunst, die hervorgeht aus dem endlosen bereich des rock n roll braucht keinen anderen patron als die leute... der neo künstler — der nigger des universums — ersteht wieder auf durch die leute... ist eine ausdehnung der leute... nicht länger zu fürchten kritiker & parasiten & jene des schlafenden schädels... erwachet um uns... wir nigger sind am wiederauferstehen... unsere augen lazar... unsere haare sind gebuttert & unser äthiopien & unsere arbeit sind der herzschlag der zukunft

triologie
he(art)

die droge, die das herz umspinnt/die pfeife, die an seiner seite liegt/brennt noch

oh ich seh du starrst/da oben dreht sich was rauf/da oben durch das zentrum des gehirns/beibi komm/beibi geh/setzt den wirbelsturm frei/oh ich marschier direkt durch das zentrum der maschine/beibi holt es sich direkt in der mitte des rings/& mein herz ist am pumpen/meine fäuste — sie pumpen/

radio äthiopien ist ein feld... ein erster rausch des vergnügens pumpen ist eine feier des boxers & des tänzers...

morgen geh ich nach europa... an diesen notizen arbeite ich seit langem... april — august... trotzdem bin ich noch da in diesen letzten momenten, bevor ich mich absetze mit der alten smith—corona... es hat lang gedauert, mich zu atrikulieren... manchmal denk ich, ich träum in anderen sprachen, denn wenn ich wach werde babble ich in fremden zungen... erinnerungen an minarette cross gemixt mit elektrischen gitarren... es ist der 28te september... ich find es selbst scheiße, dass ich noch arbeite... doch mein freund andi, der in äthiopien geschlafen hat, lacht & sagt, das geht schon in ordnung... heute nacht sind die 60er vorbei in äthiopien... es ist der 28te september... das äthiopische neue jahr jetzt ist es 1970... die zeit bestimmt nicht über diese leute... die zeit bestimmt nicht über die, die sie kontrollieren

meine mutter sagt, ich wurde alt geboren... traurig betrachtete ich meine ursprünge jenseits des zugriffs des menschen... obwohl mich ein äußerst fremder bildhauer geformt hat bin ich stolz darauf in der haut eines erdlings zu existieren... entgegen vielen künstlern fühle ich mich nicht in meinem fleisch gefangen... ich feire es vielmehr... jedesmal wenn ich ausscheide ruft das einen zustand der beglückung hervor... mais manchmal fühle ich diesen tiefen & alten schmerz... wie zahnweh sitz es mir hinten im nacken... ich schau auf... irgendwo in dieser wunderbaren oper die man himmel nennt, gibt es einen schlüssel... den clou... ein haar oder einen fingerabdruck, der eventuell...

ich sehe nach dem einen den ich liebe... er schläft... wie sehr es mich drängt, in seine träume einzudringen... einzudringen in das am wenigsten erkundete des menschen... das drama der erinnerung und für immer die finger einzufrieren der fremden wunderlichen musik die ich höre... winken

im garten... die lichter glitzern... miniatur megaphone haften an den willigen mündungen aller mmos... lennies waawaa pickt wie ein kleiner doch wilder vogel... jeder macht mit wegen der lalalas... manche flüstern... land/land... andere lassen einen blubbernden kant pulsieren... fliegende untertassen gibt es wirklich... die nacht geht immer weiter... auf dem dach von msg der kratzende sound der untertasse

wann/wann wirst du landen

ich muss los

die warten auf mich in finnland... ich muss noch meine waffe polieren... meine fender duo—sonic mit ahorn griffbrett & den original pickups... die gehörte mal jimi hendrix... tom verlaine benutzte sie für sein kleines johnny solo juwel... aber eigentlich gehört sie mir/rock n roll ist königlicher kriegszug... das universum ist das schlachtfeld... die fender—alle gitarren—das streben nach dem edlen ton—unsere waffen... die techniker—großartige soldaten... die leute—nette barbaren... das ziel—die freiheit, den schlüssel zum 5ten batallion zu besitzen & die wilden & durchgehenden engel von a—bad—don freizulassen

schaut man dahinter, war es im auftrag der macht... gestern nacht im flugzeug war eine bibel im zeitschriften netz... eine zeitlang ergötzte ich mich an der donnernden schönheit der offenbarung... rache engel als feurige rösser... alles hängt irgendwie zusammen... aufdrehen & extase... bis du dran bist... der letzte atem... die letzte seite

denn ich bezeuge allen die da hören die worte der weissagung in diesem buch... wer etwas hinzufügt, dem wird gott die plagen zufügen, die in diesem buch beschrieben sind

wir müssen unsere mallots erheben gegen den großen felsen sei es auch in seinem dienst... oh nein, ich denk nicht das sein... ich bin künstler mutant nigger mein mallot? ist eine fender duo—sonic & ich bin für die pest bestimmt

armageddon? total out/kein seemann heiland nimmt es mir wieder weg/das ende der welt hat gerade erst begonnen/& zum rocken bin ich in diese welt geborn & ich bin wild wild wild wild/wild wild wild wild/wild wild wild wild
frag die engel ob sich endlich mal was tut/kommen in scharen aus l.a./frag die engel obs jetzt endlich groovt/licht ist ihr schutzschild & wenn nicht jetzt, wann dann? wir sind wild wild wild wild/wild wild wild wild/wild wild wild wild/drum roll drum roll drum roll ba—dop bam

 

 

patti smith
28 sept. 76














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